Montag, 7. September 2009

Teil 14

Aus aktuellem Anlass – in drei Wochen finden ja die Bundestagswahlen statt – möchte ich mal an ein Stück Deutsche Geschichte erinnern, an die Bundestagswahlen vom 18. Sept. 2005. Diesen Tag habe ich noch in vitaler Erinnerung.
Zur Vorgeschichte darf angemerkt werden, dass in der rot-grünen Koalition unter Bundeskanzler Schröder die Agenda 2010 durchgedrückt worden war, darunter die Arbeitsmarktreformen, die unter der Leitung von Peter Hartz entwickelt wurden – „Arbeitsmarktreform“ kommt mir nur schwer über die Lippen und wenn ich an Peter Hartz denke, wird mir fast übel, der Mann hat ja nicht nur diesen unausgegorenen Blödsinn maßgeblich mit verzapft, sondern später noch einmal wegen Veruntreuung von Firmengeldern Furore gemacht. Garantiert ist er auch für den Rückgang der Übernachtungszahlen im Harz verantwortlich. „Harz“ und „Hartz“ sind ja phonetisch nicht zu unterscheiden, darum liegt die Negativassoziation mit unserem schönen Mittelgebirge wirklich nah.
„Wollen wir nicht mal in (den) Har(t)z (4) fahren?“ „Ne, lass mal, da muss ich nicht hin – an den Arsch der Welt!“
Wenn schon die Sozialgesetzgebung an dieser Stelle versagt, dann könnte man dem Kind doch wenigstens einen neuen Namen geben. „Schröders Selektionsgesetze“ oder so, so könnte weiteres Unheil von unserer Region abgewendet werden.
Jedenfalls gab es schon damals ernst zu nehmende Bedenken in Bezug auf das, was da zusammengepfuscht wurde. Darum wehte der damaligen Regierung auch ein wirklich rauer Wind ins Gesicht und bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen kam es dann zu genau der Wahlniederlage für die SPD, die letztlich zu Neuwahlen führte – mit den bekannten Folgen.
Im Vorfeld dieser Wahlen kam es zwischen H. D. und H. K. zu einem intensiven Gedankenaustausch in dieser Angelegenheit. Während H. D. die Agenda 2010 im Wesentlichen befürwortete und dies auch heute noch tut, lehne ich diese bis heute ganz und gar ab und halte den Altkanzler Schröder inzwischen für den Totengräber seiner eigenen Partei. Nur er hat „Die Linke“ möglich gemacht. Henning hält die Linkspartei aus verschiedenen Gründen für nicht wählbar, während ich der Ansicht bin, dass sie eine echte Existenzberechtigung hat. Große Lust hätte ich an dieser Stelle, die notwendigen Begründungen für diesen Standpunkt zu liefern, aber das würde wieder den Rahmen sprengen und zu politischen Diskussionen wollen wir uns hier ja nicht treffen – oder etwa doch?
Am 18. Sept. 2005 jedenfalls, fand hier bei uns daheim besagte Wahlparty statt, Bine und Henning waren an diesem historischen Tage als Gäste geladen. Die Gespräche des Vortages über den möglichen Wahlausgang und die hierfür in Frage kommenden Gründe brachten mich derart auf die Palme, dass ich nichts anderes mehr im Sinne hatte, als H. D. auch auf diesen Baum zu jagen, was nicht ganz einfach ist, er ist leidensfähig, leidensfähiger als jeder andere Mensch den ich kenne – bewundernswert. Es müsste also eine wirkliche Provokation her, sonst würde ich ihn da nicht hoch bekommen.
Es dauerte wirklich nicht lange, da hatte ich den passenden Tiger gefunden, der ihn da hinauf scheuchen könnte, eine öffentliche, gut sichtbare Aufforderung – direkt hier am Haus - der Linken die Stimme zu geben, das würde ihn wach rütteln. Ihr könnt Euch nicht vorstellen, mit wie viel teuflischer Freude und Herzblut ich dieses Vorhaben in die Tat umgesetzt habe.
Sofort bin ich in meine Werkstatt geeilt, dort nenne ich einen riesigen Fundus an Reinigungstüchern (keine Putzlappen!) aus weißem Linnen mein Eigen, einige von ihnen waren einmal Tischtücher, Bettlaken oder Bettbezüge. Einer dieser Bettbezüge war noch nicht für seine eigentliche Bestimmung zerlegt, sondern lag noch unberührt, feinsäuberlich zusammengelegt im Regal.
Gerade die richtige Grundlage für einen fiesen Werbespot. Faltenfrei auf dem Fußboden lag der Bezug nun und wurde von mir mit einem fetten Edding liebevoll, wenn auch in größerer Erregung beschriftet.
„LAFONTAINE FOR PRESIDENT“ war dort in großen Lettern zu lesen. Klasse, aber das geht noch besser, ich legte den Bezug auf`s Gesicht und schrieb ihm in gleicher Art und Größe auf den Popo: „DU SCHAFFST ES, OSCAR !“
Dann habe ich John-Lee Hooker in meine Musikanlage geschubst und die Kiste so aufgedreht, dass die Schraubenschlüssel auf der Metallwand im Rhythmus zum Blues getanzt haben – ein herrliches Gefühl, kann ich Euch sagen.
Der Aufruf sollte nicht eingerahmt vor dem Hause platziert werden, das wäre schon deshalb ausgeschlossen gewesen, weil das Epi dies sofort durch Forträumen verhindert hätte, ihr Humor ist in Bezug auf derartige Aktionen sehr begrenzt, nein, dass musste raffinierter eingefädelt werden, Diesen Spaß wollte ich mir unter keinen Umständen verderben lassen, das wäre deprimierender gewesen, als der mögliche Wahlerfolg für Schwarz-Gelb und unter allen Umständen zu verhindern.
Um dies sicherzustellen, hatte ich mich für einen mobilen Wahlaufruf entschieden, einen, den ich sekundenschnell installieren könnte. Hierzu würde sich unsere Schlafkammer trefflich eignen, sie liegt im ersten Stock und hat ein Fenster zur Straße hin – das lässt sich mal eben schnell öffnen, um draußen gewünschtes Bild entfalten zu können.
Ich glaube, an dieser Stelle hat John-Lee alles gegeben, auch ihm hätte diese Idee bestimmt gefallen.
Nun sollte mein Anliegen nicht platt vor dem Haus rumhängen – dann nämlich wäre die Irritation darüber nur denjenigen Passanten zu Teil geworden, die direkt vor dem Haus ständen, mit Blick auf die Schlafkammer – nein, schon aus weiter Ferne und für alle gut sichtbar, sollte diese Botschaft im Winde wehen. Allen, denen der Tatort unbekannt ist sei gesagt, dass wir hier direkt an einer Durchgangsstraße mitten im Kurort mit durchweg honorigen Anwohnern leben – in direkter Nachbarschaft zum hiesigen Golfplatz - dies macht wohl deutlich, wie mutig dieser Vorstoß war!
Ebenso hätte ich mir auf die Fahnen schreiben können, „hey Leute, ich bin schwul, juchhhhhhuuuuuuuuu.“ Nein, eigentlich war geplantes Outing deutlich gewagter, aber dazu komme ich später. Nun ging es erst einmal darum, aus dem Bettbezug eine Fahne zu bauen, und das geht so:
Man nehme einen Gerätestiel der Fa. Gardena – nicht etwa den in Normallänge, so wie ihn meine Gattin gelegentlich benutzt, nein, ein überlanges Exemplar, eins, bei dem man nicht so dicht an der Arbeit ist, Befestige ich einen Laubrechen daran, kann ich mit einem einzigen Rutsch über den Rasen etwa. 2 Quadratmeter vom Laube befreien, ohne auch nur einen einzigen Schritt tun zu müssen.
Diesen Gerätestiel habe ich nun in den Bettbezug eingeführt und mit Kabelbändern fachgerecht fixiert, Schließlich sollte sich die Botschaft ja nicht vom Winde verwehen, um dann vielleicht noch mit Füßen getreten zu werden Gut, das hatte auch geklappt. Meine Frau war noch immer nicht vom Einkauf zurück, und so konnte ich den ersten Installationsversuch wagen. Treppe rauf, Fenster auf - weit und breit war niemand in Sicht - und so hab ich den Apparat erst einmal so hingehalten, ein erhabenes Gefühl, kann ich Euch sagen. Natürlich wollte ich nicht die ganze Zeit selbst dort oben stehen und vielleicht noch ein paar faule Eier oder Tomaten mit den Zähnen fangen, und habe so nach geeigneten Befestigungsmöglichkeiten gesucht.
Auch das war ganz einfach, eine Schnur an den Heizkörper gebunden und das Ende der Schlaufe am Gerätestiel befestigt – an das Ende der Fahnenstange, fertig. Das Unikat hing genau in Waage, beklemmt durch sein Eigengewicht, auf der Fensterbank ruhend, zur Straße hinaus. Noch immer war niemand zu sehen und so beschloss ich die Sache aus der Froschperspektive zu betrachten.
Über die Terrasse in den Garten, dann auf den Fußweg, so habe ich mich ca. 20 Meter vom Haus entfernt, kehrt gemacht und bin dann wie zufällig am eigenen Haus vorbei, in die entgegengesetzte Richtung gegangen – pfeifend! Grandios, dieser Anblick, hätte das doch nur eine Fernsehkamera von n-tv. einfangen können – für einen kurzen Stimmungsbericht aus dem bürgerlichen Lager – einen Tag vor der Schicksalswahl, das hätte Oskar noch so manchen Prozentpunkt gebracht.
Hätte er gesehen, wie selbstlos ich hier Kopf und Kragen für ihn riskiert hatte, wäre ich wohl längst Teil seines Stabes und müsste nicht länger unter den Hartz-Gesetzen leiden – die für mich so gar nichts übrig haben.
Nun gut, alles kann man nicht haben. In Höhe des Eingangs habe ich dann wieder das Grundstück betreten und bin dann ebenfalls durch den Garten, über die Terrasse hoch in die Schlafkammer und habe den Stein des späteren Anstoßes entfernt, das Fenster geschlossen, feierlich die Fahne eingerollt und diese unter dem Bett versteckt.
Kaum war ich wieder unten, stand meine Frau in der Haustür. Wie üblich, habe ich ihr sofort den Einkauf abgenommen und alles feinsäuberlich verstaut. „Was ist los, Henning, Du schmunzelst ja so, haste wieder was ausgeheckt?“ „Quatsch, wie kommst Du denn darauf?“ „Na, irgendwas stimmt doch nicht?!“
Doch, alles stimmte, wenigstens für mich. Innerlich bin ich mit so viel Freude und Spannung durch die Gegend gehüpft, dass ich den folgenden Tag – den Wahltag, vor allem die Wahlparty und Hennings Reaktion auf den Hinweis zum Aufruf der ersten Bürgerpflicht – kaum abwarten konnte.
Wie alle Zeit des Wartens, verging auch diese. Es war Sonntag, das Wetter recht mild und sonnig und schon am Vormittag verfolgte ich die aktuellen Ereignisse, all die Prognosen wichtiger Politiker und die Einschätzung jener, die sich schon seit Wochen mit dieser Wahl auseinandersetzten. Wie so oft, wenn ich solche Beiträge verfolge, wünsche ich mir eine halbe Stunde Redezeit. zur besten Sendezeit. auf allen Sendern - ohne dabei unterbrochen werden zu dürfen, am besten im Deutschen Bundestag, vor vollem Haus. Einmal die eigene Sicht der Dinge öffentlich darstellen zu dürfen, das wäre schon was - ein ebenso schöner, wie naiver Traum und dabei kann es auch ruhig bleiben, ich will Euch keine Angst machen.
Soweit ich mich erinnere, wollten unsere Gäste um 15.00 Uhr eintrudeln, um die letzte Phase des Wettlaufs um die Gunst des Wählers zu begleiten, wir wollten in Ruhe grillen und noch die wichtigsten Dinge besprechen, Wetten abschließen oder die eine oder andere Partei wenigstens vor dem Bildschirm noch demoralisieren, und um 18 Uhr sollte es dann wirklich hoch hergehen.
Gottlob gehören die Bine und Henning zu den Pünktlichen – zu den Oberpünktlichen. Verabredete Uhrzeit, minus 7,5 Minuten, das ist der wahrscheinlichste Moment ihres Eintreffens. So auch an diesem Tag. Genau um 15.50 Uhr habe ich den Gang auf das stille Örtchen angetreten, nicht um in dieser schweren Stunde meine Notdurft zu verrichten, nein, von hier aus hat man aus dem Fenster heraus die Zufahrtsstraße genau im Auge und genau 15.53 Uhr hörte ich ihr Auto, in noch weiter Ferne – der Auspuff. Unverwechselbar dieses Geräusch.
Genau der richtige Moment, um in die Schlafkammer zu eilen, das Fenster aufzureißen, die Fahne un mit samt den Staubknäuels unter dem Bett hervor zu zerren und diese dann blitzschnell in Position zu bringen. Kaum war das Fenster wieder angelehnt, knatterten die beiden um die Ecke und parkten genau unter diesem Fenster. Bine und Henning kramten diverse Salate, Gebäck und ein Fläschchen Wein aus dem Kofferraum, knallten ihn zu und wollten gerade den Weg zur Eingangspforte antreten, als Henning in einem flüchtigen Blick aus dem Augenwinkel bemerkte, dass da jemand die weiße Fahne rausgehängt hat – ein persönliches Ärgernis für meinen Henning, oder vielleicht doch Erregung öffentlichen Ärgernisses?
Wahrnehmung und beginnende Empörung waren wohl eins, Ich selbst lag inzwischen den Mund zuhaltend vor Lachen auf dem Bett in der Kammer und konnte das Gespräch der beiden bruchstückhaft verfolgen, denn inzwischen war auch Bine auf „Lafontaine for president“ aufmerksam geworden. Ihr fehlten da aber eher die Worte, sie empörte sich auch nicht derart und fing sehr bald an zu lachen.
Es klingelte. Zu einer ordentlichen Begrüßung hatte es nicht mehr gereicht, als meine Gattin die Haustür öffnete. „Komm, Bine, lass uns gehen, unter diesen Umständen kann ich hier nicht Gast sein, wer so etwas……“ Den genauen Wortlaut kenne ich nicht mehr genau, aber ich konnte heraushören, dass unterschwellig auch einiges Plaisir mitschwang, und das war ja die Hauptsache.
Das Epi hatte keinen Schimmer, erst als Henning sie an die Hand nahm und ihr das Bild des Grauens nicht länger vorenthielt, machte sich auch bei ihr die zu befürchtende Empörung breit. Nur zögerlich verließ ich mein Versteck und warf mich den Raubtieren zum Fraß vor. Irgendwie klangen die Kommentare dann doch etwas vorwurfsvoller, als ich mir das gewünscht hätte, aber vielleicht habe ich mir das auch nur eingebildet. Das Lachen konnte ich mir aber für Stunden nicht mehr verkneifen. Dies aber aus einem etwas anderen Grund.
Nachdem sich nun die Wogen langsam wieder geglättet hatten und die Vorbereitungen zum Grillen anliefen, verschwand meine Frau – scheinbar unbemerkt - nach oben. Ich wusste genau was sie vorhatte, das Bild der Schande musste entfernt werden – koste es was sie wolle. Ich ließ sie in aller Ruhe gewähren und in dem Glauben, niemand hätte bemerkt, dass sie Oscar um die entscheidenden Prozentpunkte gebracht hatte. So hatten alle ihren Spaß, der ja nun vorbei war, denn soweit ich mich erinnere, informierte Ewa die beiden über das was sie getan hatte – auch scheinbar unbemerkt, umso besser.
Ich ließ noch eine weitere halbe Stunde verstreichen, und als ich dann sicher war, die Sache ist aus den Köpfen der sonst noch Anwesenden, schlich ich nun – tatsächlich unbemerkt – nach oben und installierte mein Anliegen abermals – lautlos. Unbemerkt stieß ich dann auch wieder zu meinen Leuten und so begann ein spannender Nachmittag und Abend. Jeder hatte was er wollte. Die drei im Geiste hatten sich durchgesetzt und den Aufruf entfernt, und ich hatte mich durchgesetzt und Oscar wieder platziert. Ein schönes Gefühl der Ausgeglichenheit, drinnen sitzen alle hübsch und warten auf die Große Koalition und draußen hängt der Initiator derselben.
Vielleicht erinnert sich der eine oder andere noch an den Auftritt Schröders in der Elefantenrunde, als er behauptete, nur er könne eine stabile Regierungskoalition organisieren. Nun ja, das ist ja ganz anders gekommen und zwar obwohl es damals eine Mehrheit zugunsten der Parteien links der Mitte gab. Da die SPD aber die Linken von Anbeginn an in die Schmuddelecke gestellt hatte und ein Regierungsbündnis mit ihnen so ausgeschlossen wurde, konnte man mit ihnen eben auch nach der Wahl keine Regierung mehr bilden. Nach meinem Verständnis wurde der Wille des Wählers bewusst ignoriert und eine Koalition zusammengebastelt die es möglich machte, dass Machthaber und Mächtige wieder genau dort anknüpfen konnten, wo Schröder unfreiwillig aufhören musste.
Tatsächlich ist die SPD zu einer Art CDU-light mutiert, wir brauchen sie so wie sie heute ist, nicht mehr. Sie ist keine ehrliche Alternative mehr zur CDU. Wer Mitte-Rechts will, kann dann gleich das Original wählen und wer sich ernsthaft um soziale Gerechtigkeit bemüht, der wählt ??? Ja, was soll der wählen, die SPD hat ihre Wählerschaft verlassen und sich der Wählerschaft der CDU zugewandt, nun steht sie da – ohne Hemd und ohne Hose und sucht nach Alternativen. Mag man von den Linken halten was man mag, aber sie sind die einzigen, die, die sich immer weiter spreizende Schere zwischen Arm und Reich überhaupt noch in diesem Land thematisieren. Sie besetzen Positionen, die die SPD längst aufgegeben hat. Das ist Steinmeiers Problem, er ist doch derjenige, der damals Schröder die Reden geschrieben hat, derjenige, der auch heute diese Politik fortsetzt – ein „Schröder-light.“
Ne, das wird nix mit dieser Partei – nicht bei dieser Wahl. Noch immer setzen sie sich nicht ordentlich mit der Partei der Linken auseinander und diffamieren ihre Politiker und damit ihre Wähler – ein großer Fehler. So bekommen sie die Stimmen nicht zurück. Übrigens, sie beschimpfen diese Partei immer noch als Partei der Kommunisten und Sozialisten – und das zwanzig Jahre nach dem Ende der DDR.
Habt ihr eine ungefähre Vorstellung davon, was diejenigen die 1933 die NSDAP gewählt haben, dann 1949 bei der ersten Wahl zum Deutschen Bundestags gewählt haben – 4 Jahre nach Kriegsende? CDU haben sie gewählt – wenigstens die meisten von ihnen. Wer hat ihnen das je vorgeworfen - wer hat das der CDU je vorgeworfen? Und noch eins. Tausend Kommunisten sind mir tausendmal lieber, als ein einziger Nationalsozialist!
Nach meiner Einschätzung, wird die SPD nun für vier Jahre auf die Büßerbank gesetzt, dort hat sie genug Zeit zum Nachdenken, ich hoffe sie nutzt sie gut, sonst kommt Oscar nicht mehr aus dem Lachen heraus, und das wäre doch schade. Vielleicht reicht es auch wieder für Rot-Rot-Grün, dann könnte man wieder den Wählerwillen mit Füßen treten.
Um genau dieses Thema ging es eigentlich schon vor vier Jahren, als wir hier im kleinen Kreise den Ausgang der Wahl beobachteten und diskutierten – natürlich mit völlig unterschiedlichen Positionen, von denen auch heute wohl noch immer niemand abgerückt ist - oder vielleicht doch?
Jedenfalls flatterte der Napoleon von der Saar noch immer munter vor unserem Haus umher. Die Vorstellung darüber bereitete mir innerlich größte Freude. Irgendwann ist meine Gattin aber dann doch dahinter gekommen und hat den armen Mann wieder unter ihrem Bett versaut – dauerhaft.
Es muss wohl so gegen 19 Uhr gewesen sein, da klingelte es an der Haustür. Wir alle trauten unseren Augen nicht, es war unser alter Freund Uwe. Diesmal in Begleitung seiner neuen Liebe. Mein lieber Herr Gesangsverein, da hat er sich ja was Hübsches angelacht – ich glaube das aber nicht wirklich, denn tatsächlich wählen die Mädels ihre Buben selbst aus, ich weiß, ich soll es nicht sagen, es ist ja die Wahrheit und nur in Ausnahmen andersrum – wie dem auch sei, die beiden standen vor der Tür, ziemlich durchgefroren, in Lack und Leder – Gelächter. Obenrum war es jedenfalls Leder, denn sie waren mit dem Motorrad durch den Hartz gecruist und wollten mal eben reinschauen.
Auch das glaube ich nicht wirklich, wahrscheinlich wollte Uwe nur mit dem Mädel angeben, sich aufwärmen und sich mal so richtig sattessen. Na gut, wenn sie schon mal da sind, muss man sich auch kümmern. Wir haben ein Feuer im Ofen entfacht, ihnen ein Festmahl bereitet und eigentlich ging dann die Party erst richtig los. Nun ging es aber nur noch scheinbar um die Bundestagswahl, tatsächlich beäugten wir kritisch das Mädel, die den Uwe gewählt hatte - ein wirklich schönes Kind und ungefähr unverschämte zwanzig Lenze jünger, als das Objekt seiner Begierde. Nun gut, man muss das verstehen, Männer werden im Alter attraktiver – ist so.
Das Mädel heißt Cindy und wir haben uns alle sofort gut verstanden, was auch heute noch so ist, Zu der Wahlparty am 27. Sept. sind die beiden ebenfalls herzlich eingeladen, ich hoffe, sie machen da was möglich.
Jedenfalls war dieser Tag aus mehrerlei Gründen ein unvergesslicher Tag – so mag ich es. Nun mussten Cindy und Uwe nur noch mitten in der Nacht mit dem Motorrad irgendwie wieder nach Braunschweig kommen, in dem bisschen Lack und Leder wären sie wohl auf dem Ding festgefroren, und so haben wir ihnen unsere gesamte Winterbekleidung angelegt – Schicht um Schicht. Wie die Polarforscher die ihren Motorschlitten besteigen kamen uns die beiden vor und entschwanden so in die Nacht des Grauens, denn es war die Nacht der Großen Koalition mit den zu kleinen Erfolgen.
Der Wahlaufruf entpuppte sich am folgenden Tage dann doch noch zu einem öffentlichen Ärgernis. Meinem direktem Nachbarn fehlte hier jegliches Verständnis für diese Missetat, und so verurteilte er mich im Beisein seiner Gattin auf das Schärfste. Zunächst dachte ich, er würde scherzen, aber da hatte ich mich gründlich geirrt. Er war am Vortag in Begleitung anderer seriöser Herrschaften aus England an unserem Haus vorbeigekommen und musste diesen nun erklären, was es mit der weißen Fahne auf sich hätte. Geschämt hat er sich, dass er neben solchen Leuten wohnt. Das hat er mir deutlich zu verstehen gegeben. Sein gutes Recht, wir alle sind ja frei in unserer Meinungsäußerung.