Mittwoch, 9. September 2009

Teil 16

Ich mache jetzt eine Rolle rückwärts in der Zeit und lande in einem Abschnitt meines Lebens, in welchem ich sportlich sehr aktiv war. In jener „Epoche“ besaß ich auch eigene Sportgeräte wie kleine Hanteln und Expander-Stange, dies sei vorausgeschickt. Dieser Expander war ca. 1 m in der Länge , hatte an jeder Seite einen Griff und seitwärts davon eine Griffschlaufe, so dass man beim Training damit nicht in irgendeine Richtung abrutschen konnte, wenn man Schwitzehändchen bekam. Dies nur zum besseren Verständnis für später.
Was jetzt folgt ist wieder ein Beispiel für Frauen am Rande eines Nervenzusammenbruches, wobei dieses Mal nicht ich dem Wahnsinn verfiel. – Es war ein friedlicher Abend, das Tagwerk erledigt, die Zeit des Entspannens war gekommen und ich saß noch bei einer Tasse Kaffee. Mein Mann war müde und wollte sich schon bald zur Ruhe niederlegen als das Telefon klingelte. „Hallo, ich bin es, gerade von der Freizeitfahrt mit den Kindern zurück, ich muss reden. „ O.k. Alles klar komm vorbei , ich mach schon mal Kaffee oder lieber Tee?“ Ein paar Minuten später ging die Türklingel. Meine aufgeriebene Schwester war eingetroffen. Oh, je, doch so schlimm.
„Komm rein, mach es dir bequem, ich hoffe es stört dich nicht, dass ich ein bisschen Hantel- und Expandertraining mache während du erzählst. (Carpe diem!). Meine Schwester lud etwas Frust ab und ich hörte geduldig zu. Im Laufe der Zeit wechselte ich das Sportgerät, die Hanteln waren genug eingesetzt, der Expander war jetzt dran. Ich griff die Enden links und rechts und drückte ihn mal von beiden Seiten von rechts nach links zusammen , danach vor der Brust von vorn in Richtung Brust. Hat das jeder vor seinem geistigen Auge? Gut. Natürlich bekam ich feuchte Hände und der Watsch-Boing-Effekt setzte ein: Der Expander rutschte mir aus der Innenhand vor der Brust, so dass mit die Stange erst auf die Brust und dann unter das Kinn schlug, glücklicherweise ging ich nicht k.o.
Das blieb meiner Schwester vorbehalten: Sie kippte vor Lachen auf die Seite und konnte nicht mehr aufhören „HAHAHAHHHHHHHHHHHHHHAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAH! Schon mal was von einem Lachflash gehört. Ich verwarnte sie mehrfach, damit aufzuhören, denn es machte mir langsam Angst. „Wenn du jetzt nicht aufhörst, klopp ich dir eine, ich hole einen Arzt, oder besser lasse dich ein liefern!“ Es ging gar nichts , sie schnappte zwischendurch nach Luft um nochmal mit dem Gelächter anzufangen und blieb auf der Seite liegen und versuchte das ganze Geschehen aus ihrer Sicht darzustellen: „ HAHAHAHHHAAAAAAH, du hättest, uahhhhhahhhha, hhhhhiiiiiihhhiiiiiihhhh, ….Wupps, boing, Kinn, hähähähhhhhäääh,kann nicht mehr, hhhhhooooohhhhhooo……Klasse!!““
Es dauerte seine Zeit, bis sie sich wieder so weit im Griff hatte, dass sie mich anschauen konnte ohne in nicht enden wollendes Gelächter auszubrechen. „ Das hat mir echt geholfen, ich bin jetzt völlig entspannt, du hättest dein Gesicht, hihihihiiii---„ Schon gut gern geschehen!“
Diese Geschichte kommt regelmäßig bei Familientreffen wieder aufs Tablett und ich merke, dass ich damals wie heute noch darüber lachen kann.
Wie beispielsweise manchmal aus Schadenfreude, nicht im gemeinen Sinn, sondern aus dem Reflex heraus, man beobachtet etwas und will gar nicht lachen, tut es dann aber doch. Das muss dann wohl doch an der Komik der Situation liegen.
Noch mal zu den sportlichen Aktivitäten zurück, ich habe wirklich viel ausprobiert: Joggen um den Golfplatz herum. War nicht so effektiv... zum einen wurde ich von einer anderen Joggerin 3x überholt, sie federte locker an mir vorbei, hätte bloß noch gefehlt, dass sie ein Liedchen pfeift, und zum anderen konnte ich , abgesehen davon, dass ich aus dem letzten Loch pfiff, danach erst nicht mehr die Kupplung meines Autos bedienen, meine Beinmuskeln waren zu kurz!! Die Verzweiflung ließ mich fast vor der Frontscheibe klebend mit zittrigen Beinen nach Hause stottern, was für ein Desaster.
Da ich ja ein Kämpfer bin, dass dürfte inzwischen jeder gemerkt haben, meldete ich mich beim Jazzdance in der Loges-Schule an. Auch das war echt lustig: Ich als Tanzgünter tanzte oder drehte mich fast immer in die falsche Richtung. Nachdem alle herzlich über mich gelacht haben und ich eigentlich einen Träger gebraucht hätte, der mich nach Hause schleppt, waren auch hier meine Wadenmuskeln zu kurz, um ohne Anstrengung und Gelächter die Treppen herunter zu kommen. Einfach herunterrollen kam nicht in Frage. O.k. so hätten wir das auch erledigt.
Ich habe auch mehrere Mitsportler verschlissen: Beim Rollerbladen brach sich meine pfundige Begleitung mehrfach das Sprunggelenk und musste operiert werden. Den Vorschlag, dann mit einem Skateboard mit mir zu kommen, wenn alles verheilt ist, fand sie nicht so komisch wie ich. Beim Aerobic wurde meine Mitstreiterin fast ohnmächtig, eine andere kugelte sich die Schulter aus (warum und wie verstehe ich bis heute nicht). Ein Fluch ? Man weiß es nicht. Es sprach sich herum und so kam es, dass ich beim Sport immer ziemlich einsam war.
Meine merkwürdigen Erlebnisse beschränkten sich nicht nur auf den Sport. Da ich offen bin für alles mögliche sagte ich natürlich nicht nein, als eine Freundin mich bat, Fotos zu machen bei der Aufführung der „Rocky Horror Picture Show“, welche vom Theaterprojekt ihrer Schule im Jugendzentrum aufgeführt werden sollte. Das war schon ein Wagnis als solches, denn der Sohn eines in unseren Breiten sehr bekannten Arztes spielte den Frankenfurter in Korsett und Strapsen. Skandal!! Natürlich sagte ich ja. Sie instruierte mich noch mit folgenden Worten: „ Um nicht so aufzufallen solltest du einen verrückten Hut aufsetzten und dir das Gesicht ein wenig anmalen.“ Klar, da bin ich dabei. Gesagt getan: Ich malte mir ein Katzengesicht, setzte eine plüschige Katzenmütze auf(die war noch vom letzten Kinderfasching über), zog meinen Trenchcoat an, schnappte meine Kamera, stieg in meinen Käfer und machte mich auf den Weg.
Das Jugendzentrum erreicht hörte ich schon Musik von drinnen. Oh, klasse! Ich ging rein , öffnete die Tür und wünschte ich hätte das nicht getan. Die Gespräche verstummten als ich reinkam, alles sahen mich an und dann dämmerte es mir langsam : Ich blickte in zur Hälfte schwarz zur Hälfte weiß gemalte Gesichter, auf Zylinder, alte Hüte, Zimmermädchenkostüme , Fräcke etc. und ich kam mit Katzenmütze. Ach so , das hatte sie gemeint. Dass hier wieder Gelächter im Spiel war, könnt ihr euch sicher vorstellen. Warum tat sich nicht ein Loch im Boden auf in welchem ich verschwinden konnte.
Wer die Rocky Horror Picture Show kennt, weiß, dass da keine Katze mitspielt. Ich entfernte mich im Rückwärtsgang, zog meinen Trenchcoat aus , verstaute meine Katzenkappe in der Handtasche, wusch mein Gesicht ab , ging wieder rein, in der Hoffnung, dass mich keiner erkannte und tat so, als wäre ich gerade erst eingetroffen. Trotzdem blieb ich nicht unerkannt. Hatte meine Kamera mich etwa verraten? Die Katzenkappenaffäre war jedenfalls in meinem damaligen Freundeskreis legendär.
Ihr seht also, dass auch manchmal aneinander vorbeireden oder ungenügende Informationen durchaus komische Momente hervorbringen kann.