Montag, 14. September 2009

Teil 19

Hört mal, Leute,
irgendwie habe ich das Gefühl, dass wir mit unserem Projekt auf einem guten Weg sind, obwohl sich einige Leute hier verabschiedet haben.
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass sich hier doch spannende Gespräche ergeben. Gespräche waren so eigentlich nicht angedacht, wir wollten ja eher unterschiedliche Beiträge formulieren, die man kommentieren kann, oder auch nicht.
Irgendwie finde ich es aber tatsächlich spannend, wenn wir Beiträge – sofern es überhaupt Diskussionsbedarf gibt – aufgreifen und besprechen, jedenfalls habe ich oft das Bedürfnis dazu, denn ob bewusst oder unbewusst, wurden inzwischen höchst interessante Themen berührt, aber nach meinem Verständnis nicht ausreichend behandelt. Keine Angst, zu uns Frühsterbern sage ich kein Wort mehr. Es müssen ja auch keine Endlosgespräche in der einen oder anderen Angelegenheit geführt werden, wir werden schon merken, wie lange es Sinn macht über bestimmte Dinge zu reden und wann es beginnt ermüdend zu werden, oder sich herausstellt, dass es besser ist, ein schwieriges Thema vielleicht lieber ruhen zu lassen.
Irgendwie habe ich die Vorstellung, dass unser „Erstlingswerk“ vielleicht doch noch ein Bestseller werden könnte, nicht ganz aufgegeben. Wenn wir uns alle tüchtig Mühe geben, bleibt die Chance, dass wir alle uns auf diesem Wege wirtschaftlich sanieren. Denkt mal darüber nach – ein Ziel muss der Mensch ja haben. Dies ist nach meinem Verständnis auch dann möglich, wenn wir keine weiteren Co-Autoren mobilisieren können und unser Vorhaben im bisherigen Kreis der Mitstreiter gemeinsam weiterentwickeln.
Natürlich müssten wir alle Beiträge irgendwann in einen Gesamtbeitrag verwandeln – streichen, ergänzen, verändern, was auch immer im Bezug auf Verständnis, Grammatik, Interpunktion und Orthographie notwendig erscheint. Es müsste also ein Gesamtlektorat her, auch das könnten wir gemeinsam betreiben, so würde sichergestellt, dass jeder Beitrag jedes Einzelnen genau so gewürdigt wird, wie jeder Einzelne das auch wünscht – gelebte Demokratie, klar?
Hier mein erster Vorschlag in dieser Angelegenheit, wir sollten dem Kind einen neuen Namen geben. „GESPRÄCHSNOTIZEN“ fiele mir als möglicher Titel ein. Jeden von Euch bitte ich, einen anders lautenden Titel ins Spiel zu bringen und dann einigen wir uns auf etwas „Sinnstiftendes“ „SeitenWeise“ ist aber auch etwas „Sinnstiftendes“ und könnte als Titel unserer Geschichte durchaus bestehen bleiben. Vielleicht gefällt Euch die Umformung einzelner Beiträge in ein Gesamtgespräch auch nicht so recht, bitte schreibt mal kurz auf, was ihr davon haltet, oder ob ihr andere Ideen habt, die uns einigermaßen sicher zum Erfolg führen.
Ich selbst finde diese Möglichkeit insofern interessant, als im Gegensatz zu Unterhaltungen, die üblicherweise bei Kaffee, oder einem guten Wein geführt werden, hier sichergestellt ist, dass niemand unterbrochen werden kann, jeder genügend Zeit hat seine Gedanken zu Papier zu bringen und somit alle wirklich ausreichend zu Wort kommen – inzwischen so oft und so lange er mag.
Warum komme ich überhaupt auf diese Idee? Es war wohl der Schmied mit seinem Glück, den Henning aufgegriffen hat, bis jetzt aber von niemandem – außer von mir selbst und dies nur mit einigen Sätzen – weiter in den Focus genommen wurde. Ich glaube das Thema ist aber total wichtig und es lohnt sich bestimmt, etwas länger darüber nachzudenken und das habe ich gerade heute Morgen am Kaffeetisch mit meiner Gattin laut getan. Hier das Ergebnis;
Wenn ich das richtig verstanden habe, lautet Hennings Kernaussage wohl sinngemäß wie folgt: „Die Entwicklung des eigenen Lebens hängt von vielen mehr oder weniger unbeeinflussbaren Rahmenbedingungen ab und ist somit eher als schicksalshaft zu bewerten – nicht wir schmieden das Glück, sondern , wir haben ein Los gezogen, das sowohl den Hauptgewinn, als auch eine Niete darstellen könnte. Das gilt nicht nur für die einzelne Person, sondern auch für Personengruppen, ja ganze Volksgruppen, Religionsgemeinschaften, usw.“
Wenn ich mich richtig verstanden habe, habe ich Henning insofern widersprochen, als ich behauptet habe, dass es neben den unveränderlichen Rahmenbedingungen auch genügend veränderbare Rahmenbedingungen gibt, die es gilt für sich selbst oder andere positiv zu verändern, um so überhaupt die Voraussetzungen dafür schaffen zu können, Glück zu suchen und es dann möglicherweise auch zu finden.
Kann man nun das eigene Glück schmieden, oder hängt das eigene Glück von Zufälligkeiten, oder Bestimmungen ab? Nimmt man ersteres an, unterstellt man, dass jeder die Möglichkeit dazu hat und dass jeder glücklich sein kann – wenn man dies nur wolle. Glaubt man, dass persönliches Glück oder Unglück unbeeinflussbar ist, so könnte man versucht sein anzunehmen, man sei unverschuldet in die eine oder andere Lage geraten und kann die Suche nach dem persönlichen Glück weder in positiven noch im negativen Sinne beeinflussen. Überspitzt dargestellt ist dann niemand mehr für irgendetwas verantwortlich, geschweige denn schuldfähig.
So einfach ist die Frage offensichtlich nicht zu beantworten, auf der einen Seite sehen wir uns mit einer Zufalls- bzw. Bestimmungsbetrachtung konfrontiert, andererseits stellen wir unsere gesellschaftliche Wertegemeinschaft in Frage, denn hier steht die messbare Leistung und die Eigenverantwortlichkeit des Einzelnen bei der Beurteilung im Hinblick auf „Gerechtigkeit“ im Vordergrund. Einkommen, Gesundheit, Bedürftigkeit, Strafmaßbemessungen – für diese und andere Bereiche setzen wir immer die gleichen Maßstäbe an. Fleißig, oder faul, schlau, oder dumm, ehrgeizig oder nachlässig, gut, oder schlecht, schuldig, oder nicht schuldig, schwarz, oder weiß – hätte ich beinahe gesagt, nein sage ich wirklich, passt gut in die Gegenüberstellung, denn Schwarze und Weiße haben ja in der Regel auch ganz unterschiedliche Schicksale oder vielleicht auch Fähigkeiten zu verzeichnen.
Sind Rahmenbedingungen nun veränderbar, oder nicht? Da müssen wir wohl mal etwas genauer hinschauen. Vielleicht schleißen wir mal vorab all die Dinge aus, die für uns selbst unbeeinflussbar sind. Hier genügt mir erst einmal die bloße Aufzählung. Schon die eigene Existenz ist unbeeinflussbar – sehen wir mal vom Freitod ab. Also, folgende Umstände haben wir alle gleichermaßen hinnehmen müssen und sind weder im positiven, noch im negativen Sinne hierfür in Regress zu nehmen
Vorfahren, Geschlecht, Ort und Zeit der Geburt, Erziehung, soziales Umfeld bis zu einem bestimmten Alter und letztlich Ereignisse, die das eigene Leben mittelbar, oder unmittelbar signifikant beeinflussen – das kann ebenso eine üppige Erbschaft, als auch die Querschnittslähmung als Folge eines nicht verschuldeten Unfalls sein.
Betrachtet man die oben aufgeführten Umstände als äußere Rahmenbedingungen, dann müsste man das einzelne Individuum selbst, etwas genauer unter die Lupe nehmen. Auch hier ist wohl festzustellen, dass unsere sichtbare Hülle, einen relativ klar definierten Rahmen darstellt. Auf unsere Größe haben wir üblicherweise keinen Einfluss, für die Struktur unseres Skeletts gilt das ebenso, wie für die Farbe der Haare, der Augen, für die Form der Nase oder für die Konturen unseres Gesichtes, unser gesamtes Äußeres ist – abgesehen von der Behandlung des eigenen Körpers – etwas Vorgegebenes und etwas nicht beliebig Veränderbares.
Ähnliches gilt nach meinem Verständnis für die sogenannten „inneren Werte“. Wir können sie auch als genetische Anlagen bezeichnen. physische Anlagen sind hier ebenso zu berücksichtigen wie Gegebenheiten des Verstandes oder das psychische Rüstzeug, das wir mit auf den Weg bekommen haben.
Wenn wir andere als intelligent, schön, erfolgreich, oder dumm, hässlich und faul bezeichnen, vergessen wir nur zu schnell, dass es sich bei all diesen Attributen eben um „Launen der Natur“ handeln könnte– allesamt kein persönliches Verdienst, allesamt kein persönliches Versagen!?
Der Hochbegabte, ist eben hochbegabt, weil sein Hirn die hierfür notwendigen Rahmenbedingungen schafft – nicht er hat sich genau dieses Koordinationsorgan eingebaut, es wurde ihm eingebaut. Diese Schaltzentrale ist ja ebenso verantwortlich für die Psyche jedes Einzelnen von uns, auch sie kann ebenso wenig gewählt werden, wie das Wunsch-Hirn selbst – unterstellt, dass sich die Seele des Menschen im Gehirn beheimatet fühlt und nicht - wie wir gelegentlich behaupten – im Herzen zuhause ist – dort spüren wir sie wohl nur gelegentlich.
Was die physischen Anlagen angeht, so ist wohl jedem von uns klar, wie launisch die Natur hier sein kann – jeder Körper ein Unikat und genau so unverwechselbar wie sein Geist und sein Wesen.
Große, kleine, schöne, hässliche, drahtige, schlaffe, sportliche, träge, zähe, labile.. was auch immer, haben wir ja täglich vor Augen. Wenn mir auch hier nicht alles schicksalshaft erscheint, so ist doch das meiste wohl anlagebedingt so.
Hat mein Henning am Ende vielleicht doch recht mit der These: “Das Leben ist ein Pokerspiel – niemand hat die Wahl der Karten?“ Es scheint wirklich so zu sein und je länger ich darüber nachdenke, umso mehr kann ich mich mit seiner Behauptung anfreunden. Aber, das ist gefährlich, denn wenn dem so ist, würden wir jegliche Bewertung menschlichen Handelns überdenken müssen.
Der Tüchtige ist gar nicht mehr tüchtig, er hat nur zufällig die Anlagen tüchtig zu sein – er müsste ebenso be –und entlohnt werden, wie der Faule, dessen Kopf, ihn nicht ordentlich motivieren kann. Der Mörder ist kein Übeltäter, sein Gehirn wurde nur einfach falsch programmiert – Pech für den Täter und Pech für das Opfer – wollen wir das anklagen? Der Hochleistungssportler ist jemand wie Du und ich, die Bestimmung hat ihm nur einen starken Knochenbau, eine hervorragende Muskulatur, einen eisernen Willen und eine gehörige Portion Ehrgeiz beschert – schön, aber dafür kann er ja nichts, sollen wir ihn dafür bewundern? Warum sollten wir zufällige Gegebenheiten, - für die wir selbst keinerlei Verantwortung tragen – loben, oder verurteilen, das wäre doch eigentlich ungerecht, oder!?
Trotzdem bewerten und beurteilen wir Menschen im Hinblick auf ihr Handeln, ihr Wesen, und ihren Geist. Wir tun es, weil wir es tun müssen, wie sonst, ließe sich ein Leben miteinander bewerkstelligen. Gut und Böse, schwarz und weiß…. sind die einzigen greifbaren Unterscheidungskriterien, die uns zu der einen oder anderen Sichtweise veranlassen, was sollen wir sonst tun?
Im Wesentlichen können wir wohl nichts anderes tun, denn wir alle wollen wir ja, dass sich – auf welchem Gebiet auch immer – etwas Positives entwickelt. Das ist aber nur möglich, wenn sich die Menschen selbst ebenfalls positiv entwickeln und einen Beitrag in die richtige Richtung leisten. Nur darum macht unser Wertesystem wirklich Sinn, immer wieder muss der Einzelne dazu aufgefordert werden, im Rahmen seiner Möglichkeiten – dessen Veränderung nicht im Rahmen seiner Möglichkeiten liegt – etwas für sich selbst und andere zu tun. Es ist die Aufforderung innerhalb des eigenen individuellen Rahmens, das eigene Glück und das Glück anderer zu schmieden.
Schöne Schlaumeierei, nicht wahr? Na ja, vielleicht ist das so, jedenfalls ist das Geschriebene das Ergebnis meiner Gedanken zu diesem Thema. Aufmerksame Beobachter werden bemerkt haben, dass ich meinem Henning da einen riesigen Schritt entgegengekommen bin.
Was sind eigentlich Rahmenbedingungen? Nach meinem Verständnis sind es Handlungsspielräume innerhalb eines Rahmens. Mal wurde uns dieser Rahmen unwiderruflich zugeordnet – Hirn, Leib und Seele – mal haben wir uns den Rahmen selbst geschaffen – den gesellschaftlichen Rahmen, beispielsweise.
Damit wäre die Sache mit dem Rahmen geklärt, aber was ist mit den Bedingungen innerhalb des Rahmens? Spielräume sind Räume zum Spielen – Räume, die ein Spiel ermöglichen, Spielräume für Gedanken, Entwicklungen und Handlungen. Moment Mal, innerhalb des Spielraumes gibt es also Raum für unterschiedliches Handeln? Dann wäre also nur der Rahmen vorgegeben, nicht aber die einzelnen Handlungsvariationen innerhalb des Rahmens.
Stelle ich mir tatsächlich ein Spielfeld vor, das durch eine weiße Linie begrenzt wird - also einen klar definierten Rahmen aufweist, der übrigens für alle Spielteilnehmer gleichermaßen gilt - beziehe ich die Spielregeln mit ein und stelle fest, dass diese einen weiteren Rahmen für alle Beteiligten darstellen, dann ist der Spielraum zwar deutlich begrenzt, auch die Handlungsmöglichkeiten sind deutlich begrenzt, allerdings gelten diese Begrenzungen für alle gleichermaßen und schaffen gleichzeitig die Voraussetzungen für die unendlich vielen Spielvariationen während des Spieles – während unseres Lebens, wenn dieser Vergleich gestattet ist.
Nicht jeder einzelne Spieler mit seinen ganz eigenen unterschiedlichen Fähigkeiten wird für diesen Vergleich bemüht, sondern das Spiel selbst – das Spiel des Lebens. Der Spieler selbst verkörpert nur einen einzigen Baustein des eigenen Ichs. Das Zusammenspiel führt zum Erfolg. Jeder einzelne Spieler hat seine Schwächen und seine Stärken – heute so, morgen so. Einer braucht den anderen, alle gemeinsam ergänzen sich, reißen sich mit oder nicht, besprechen ihr Vorgehen, machen Fehler oder sind erfolgreich. Auch wenn jeder Spieler mit seinen Anlagen leben muss, auch wenn alle Spieler sich zum Spiel in der gleichen Liga treffen, erfolgreich ist eine Mannschaft nur, wenn sie im Team spielen. Defizite können durch Stärken relativiert werden. Jeder von uns schleppt seine handicaps mit sich rum, kann aber auch seine Vorzüge konsequent in den Vordergrund spielen und so immer wieder versuchen, das eigene Glück zu schmieden.
Mal gewinnt das Team, mal verliert es, ganz wie im richtigen Leben. Dabei sein ist alles,