Sonntag, 6. September 2009

Teil 3

Hier schreibt einer der potenziellen weiblichen im Thermalbad vor sich hin dümpelnden Silberrücken, welcher nach Vermutung meines Vor-Vor-Vor-Schreibers seinen Ehemann um Jahre überlebt und es sich dann mal so richtig gut gehen lässt.
Tja, das hat Mann davon als Zipfelträger. Mann kann nicht alles haben: Zipfel und Ehefrau überleben? Leider nicht. Zugegeben, die Welt ist ja so gemein zu Euch. Mann ist gestraft zum einen mit dem Wissen um diese schreiende Ungerechtigkeit, zum anderen durch diese gnadenlose Ignoranz und der scheinbar den Frauen ins Gesicht geschriebenen hintergründigen Schadenfreude darüber. Ich bin so froh, dass ich ein Mädchen bin….
Was gedenkt Ihr dagegen zu tun, ihr Männer? Steht endlich auf und lasst Euch nicht mehr länger gefallen, dass wir Mädels Euch überleben!
Wie machen wir das bloß? Das werden wir Euch genauso wenig verraten wie den Grund dafür warum von Euren Socken regelmäßig nur noch eine aus der Waschmaschine zurückkehrt. Ist das etwa die große Sockenverschwörung? Vielleicht denkt Ihr mal darüber nach, was sagen denn die Statistiken darüber? Haben sich Wissenschaftler in aller Welt schon mal damit befasst?
Fakt ist, dass ihr auf uns Frauen nicht neidisch zu sein braucht: Auch wenn wir statistisch gesehen länger leben als ihr, so ist es sicher nicht halb so spaßig wie ihr Euch das vorstellt: Ihr lernt uns als leichtfüßige zarte Elfen mit zierlichen Füßchen und wildem Haar kennen und was dann im Laufe der Jahre passiert, ist eine vollständige Metamorphose. Wir leiden unter Menstruations- und Geburtsschmerz, Hängehaut, Faltenreichtum, Wanderbrust (von der oberen Körperhälfte wandernd bis unter den Bauchnabel), Hitzewallung, Katzenjammer, Hefeteigsyndrom (von wegen Gewichtszunahme), dicken Füßen (soll ich noch weitermachen, lest ihr noch oder weint ihr schon? O.k.:) Bartwuchs, Haarausfall (und das als Frau, ich bitte Euch), Knochenentkalkung (s. Kräuterhexe), watschelndem Gang, … – eigentlich bin ich noch nicht fertig, aber trocknet Eure Tränen, ich will Euch nicht weiter flennen sehen! Ihr Armen!!!! In einem Satz zusammen gefasst: Ein bärtiges Primatenweibchen mit hutzeliger Wrestlerfigur und Stimmungsschwankungen. Jungs, ganz ehrlich, wollt Ihr wirklich mit uns tauschen? Verlockender Gedanke sich in unserem Jammertal zu suhlen, oder?
Eigentlich wisst Ihr Leser ja nun schon einiges über mich. Ergänzend sei noch erwähnt : Ich bin eine für ihr Gewicht untergroße Mittfünfzigerin, Ehefrau, Mutter, Großmutter, ganztags berufstätig. Im Grunde meines Herzens frage ich mich gelegentlich: Was ist passiert? Wieso ist die junge Frau von damals jetzt im pummeligen Körper einer Großmutter gefangen? Wie konnte das passieren? Eben war ich doch noch schlank, gestylt, geschmeidig und jetzt gehe ich mal eben am Spiegel entlang und denke: Boahhhhh, was oder wer ist das denn? Plötzlich muss ich zum Klamottenkauf in die Brummerabteilung gehen und mich mit mehr oder weniger geschmackvollen bunten Zelten bescheiden. Wie sieht das denn aus??? – Ok, ich ziehe es an.
Man merkt schon, die vergangenen 53 Jahre sind im Eiltempo an mir vorbeigrast, ohne dass ich es so recht bemerkt habe. Ich könnte wetten, dass es Euch genauso geht.
Das Leben ist eine Art Marathon: Anfangs ist man frisch, trabt voller Euphorie drauf los, lässt vieles hinter sich um neue Strecken zu testen und trainiert das Leben. Im Laufe der Zeit stellt man sich auf Strapazen und unvorhergesehene Katastrophen ein. Man denkt darüber nach warum man weiter läuft und nicht anhält um ein Picknick zu machen, sich an den schönen Dingen zu erfreuen, die einem unterwegs begegnen. Aber: Man hat doch keine Zeit! Man muss pünktlich und nach Möglichkeit vor den Anderen ins Ziel kommen. Man hält nicht an sondern läuft einfach weiter. Plötzlich stellt man fest: Die Strecke ist schon über die Hälfte bewältigt, da kommt unter Umständen nicht mehr viel. Sollte man an diesem Punkt nicht stoppen und sagen: Ich verbringe diese Zeit jetzt besser? Setze meine Prioritäten anders, richte alles so ein, dass ich mich einfach nicht mehr abmühe um voranzukommen sondern lehne mich relaxt zurück und mache Sachen, die ich immer schon mal tun wollte: Klavier spielen und italienisch lernen, durch die Gegend ziehen, mir schöne Dinge ansehen, die Zeit genießen, mich dem Dolce far niente überlassen… – Wäre das nicht angebracht? Welch verlockende Vision! Glückwunsch und Chapeau an diejenigen, die das schaffen.
Auch für mich wird diese Zeit kommen, wo ich mich nicht mehr so an meinen Beruf gebunden fühle und diese gewisse Unruhe aufkommt, die innere Stimme lauter ruft: „Hallo, es ist Zeit stehen zu bleiben, sonst verpasst Du das Beste!“
Abgesehen von dieser mich zeitweise heimsuchenden Sehnsucht nach Weite und Abenteuer gefällt mir mein Leben so wie es ist, meine Ansprüche sind klein, mein Herz hängt nicht zu sehr an materiellen Dingen. Da gibt es vieles, das wichtiger ist: Meinen Clan (Familie, da sind Partner, Kinder, Enkel, Nichten, Neffen und deren Anhang, enge Freunde mit eingeschlossen, ihr wisst was ich meine) und wertvolle Zeit, die ich mit Freude mit allen verbringe bei gutem Essen, guten Gesprächen, den unvermeidlichen und zahlreichen Albernheiten und dem daraus resultierenden Gelächter. „Qualitätszeit“ (Zitat geklaut! Tschuldigung, aber es trifft haargenau zu) – ich wünsche mir mehr davon. Und noch etwas elementares: Die Gesundheit jedes Einzelnen, die ist unbezahlbar!
Es verabschiedet sich jetzt der sich entwickelnde Silberrücken, der mit Blümchenbadekappe, riesen Badeanzug und Wogen schlagendem Gebein seine Blasenschwäche mit den gleichgesinnten im Thermalbad zelebriert. Merkt ja keiner! Und selbst wenn, es würde nie jemand darüber sprechen wollen.
>So Männer, habt ihr euch überlegt wie dieses Problem zu lösen ist? Eingaben bitte schriftlich mit 4-facher Ausfertigung, aber nur ernstgemeinte Zuschriften.
Ich war ja doch noch nicht fertig: Ein Wort noch an euch, Männer: In der Zeit des Haderns mit der „statistisch feststehenden Tatsache“ entgehen Euch so schöne Dinge, also hört doch einfach auf damit und genießt stattdessen die Vorstellung, dass ihr das Tellerminengeschwader, die „Tenaladys“ (ich habe ja die Krampfadern ganz vergessen, du meine Güte!) nicht erleben müsst!!! Ist das keine Entschädigung? Hat doch auch viel Schönes!!!
Dies schrieb übrigens Bine.