Sonntag, 6. September 2009

Teil 4

Nun konnten wir schon einige interessante, teils lustige und manchmal auch sehr tiefsinnige Beiträge lesen, was mir meine Aufgabe nicht unbedingt leichter macht, da mir partout kein Thema für meinen Beitrag einfällt. Entweder empfinde ich meine Gedanken als zu privat, zu abartig oder zu banal – was soll ich also schreiben?

Erst einmal eine Anmerkung zum Eröffnungsbeitrag des kleinen Königs, dem es offenbar ziemlich sauer aufstößt, dass die Frauen im Durchschnitt ihre Männer um 5 Jahre überleben. Dem könnte man ja dadurch entgegenwirken, dass man sich einfach eine Partnerin sucht, die 5 Jahre älter ist. So würde man das Risiko, dass sie sich als reiche Witwe noch ein paar so herrliche gattenfreie Jahre macht, minimieren.
Leben Frauen eigentlich länger, oder sterben die Männer nur 5 Jahre früher?
Wenn man sich nämlich die durchschnittliche Lebenserwartung bei Mönchen und Nonnen ansieht, so reduziert sich der „Vorteil“ der Frauen auf 1 Lebensjahr.
Daraus ließe sich ja schließen, dass die verheirateten Männer einfach früher als die Frauen die Faxen dicke haben, die Reißleine ziehen und sich in die friedliche Ruhe der ewigen Jagd-gründe verabschieden. Vielleicht sind sie aber auch nach dem jahrelangen Rausschleppen der Mülleimer und der kräftezehrenden Gedächnisleistung, den Hochzeitstag nur nicht zu ver-gessen, etwas früher mit den physischen Kräften am Ende?
Als Zipfelträger könnte ich natürlich die Sache auch so hindrehen, dass ich durch meine hingebungsvolle Unterstützung und die Freuden des Lebens an meiner Seite meiner Gattin die
Kraft und Energie für 5 zusätzliche Jahre gegeben habe – aber in Anbetracht der weiblichen Überzahl bei den Autoren mache ich das natürlich nicht, da ich sonst vielleicht in Gefahr gerate, nicht einmal das durchschnittliche Ablaufdatum zu erreichen.
Weil ja auch noch die Frage ungeklärt ist, ob die 5 zusätzlichen Jahre der holden Weiblichkeit
ein Geschenk der Natur oder nicht doch eine Strafe für jahrelange Aufforderungen zur Mithilfe im Haushalt sind, sollte man eine wertvolle Zeit eigentlich nicht mit der Grübelei über dieses Thema vergeuden, sondern sich über die bereits vergangenen und die hoffentlich noch gemeinsam zu erlebenden Jahre freuen. Und mal ganz im Vertrauen gesagt finde ich es viel schlimmer, sich mit den von Sabine so ausführlich beschriebenen Problemen der Damen im fortgeschrittenen Alter um das Begräbnis und die Grabpflege kümmern zu müssen, während als einzige Freuden noch die wöchentlichen Treffen mit Leidensgenossinnen bei der Frauenhilfe und im Wartezimmer diverser Ärzte in Aussicht stehen?

Das bringt mich nun wieder auf das Thema „Zeit“, die angeblich so wertvoll ist und doch in vielen Fällen so wenig sinnvoll von uns genutzt oder gar ständig vergeudet wird.
Der „kleine König“ hat ja das Thema in seinem Beitrag schon sehr ausführlich behandelt, wobei man den größten Teil seiner Betrachtungen sicher unterschreiben kann, auch wenn mich sein zwischen den Zeilen immer wieder aufblitzender erhobener Zeigefinger unan-genehm berührt.
Erst einmal ist Zeit zwar messbar, aber trotzdem wird sie individuell unterschiedlich wahrgenommen. Wenn ich untätig auf etwas warten muss, so kann sie quälend langsam vergehen, während sie manchmal wie im Fluge vergeht. Nicht die Zeit ist wertvoll, sondern das Handeln oder Erleben , womit ich sie fülle. Ob sich wohl die Schildkröte, die ihr Leben ja praktisch nur mit fressen, saufen und „warten“ verbringt, nach 200 Jahren zu Tode lang- weilt? Da hat die Eintagsfliege ja schon ganz andere Probleme, denn sie kann ja nicht mal Freunde zum nächsten Geburtstag einladen! Sie hat ja nicht mal Zeit, Freundschaften zu schließen. Ziemlich schlecht haben es da auch die Ameisen getroffen, die ihr Leben und ihre Zeit damit verbringen, für die Erhaltung des Ameisenstaates ihren Beitrag zu leisten, statt sich mit Freunden zu einem gemütlichen Abend zu verabreden oder sich ein Hobby zuzulegen. Nur der König der Tiere hat es richtig gut. Er lässt sich von seinen Frauen das Essen vorsetzten, döst den lieben langen Tag im Schatten vor sich hin verbringt den Rest der Zeit mit „warten“. Es sind also immer Rahmenbedingungen, die einen großen Einfluss auf unser Zeitmanagement haben.
Der größte Rahmen ist natürlich die uns zur Verfügung stehende Zeit, wobei eben niemand diesen ganz genau bestimmen kann. Nicht einmal der Mörder in der Todeszelle kann hier ganz sicher seine Restzeit bestimmen, da er entweder vor der Hinrichtung durch Krankheit sterben oder ein Gericht einen Aufschub verfügen kann. Hier kann man eben nur nach der Statistik gehen und ansonsten hoffen, dass es vielleicht einen Zuschlag gibt und man wenigstens nicht vorher abtreten muss. Selbstverständlich kann man hier versuchen, in nicht vorhersehbarer Größenordnung durch ein gesundes und nicht allzu ausschweifendes Leben Einfluss zu nehmen. Nichtraucher sterben zwar gesünder, aber vielleicht doch früher als ein Raucher. Wenn nicht, so hat der Raucher eben trotzdem eine Prämie verdient, da er ordentlich für seine Sucht Steuern bezahlt hat und außerdem die Rentenkasse noch entlastet. Da die Kosten, die alte Leute verursachen, mit zunehmendem Alter drastisch ansteigen, ist also ein früheres Abtreten ein Beitrag zur Konsolidierung der Krankenkassenfinanzen. Dies soll natürlich kein Aufruf dazu sein, mit dem Rauchen anzufangen.
Während der Kindheit liegt die Einteilung der Zeit eben auch eher bei den Eltern oder später noch zusätzlich bei der Schulbehörde. Wenn ein 6-jähriger morgens um 08:00 Uhr seinem 5-jährigen Freund sagt, dass er jetzt keine Zeit habe, so liegt es eben nicht daran, dass ihm die Schule wichtiger als Spielen ist, sondern daran, dass es sonst Ärger gibt.
Unter „normalen“ Rahmenbedingungen geht es ja nach der Schulzeit auch so weiter, da man, sofern man nicht mit einem goldenen Löffel im Mund geboren wurde, für das Leben in dieser Gesellschaft arbeiten muss – und wie einem unsere Politiker ständig predigen, muss man ja auch an später denken. Es geht also bei den meisten Menschen in unserer Gesellschaft nicht darum, großen Wohlstand anzuhäufen, was ja mit „normaler“ Arbeit auch nur in Ausnahmefällen zu schaffen ist, sondern darum, sich und seinen Kindern ein auskömmliches Leben zu ermöglichen. Dass die Rahmenbedingungen hierfür immer schwieriger werden, liegt eher nicht am einzelnen Individuum.
Da wir, um nicht die Gesamtlebenszeit drastisch zu verkürzen, auch noch ein Drittel unserer Zeit schlafend verbringen müssen, steht uns zur sinnvollen Verwendung nur noch wenig des kostbaren Gutes „Zeit“ zur freien Verfügung.
So wie Henning das bereits geschrieben hat, bleibt die Entscheidung über die freie Zeit jedem selbst überlassen. Eine Wertung ist da bis auf wenige Ausnahmen sehr schwer möglich. Wer sich nach Feierabend ins Koma säuft, sich als Fußballfan verkleidet, um sich dann ohne Rücksicht auf Verluste zu prügeln, oder sich mit einer Tüte Chips und ein paar Dosen Bier jeden Tag vor der Glotze den Hintern breit sitzt, der vergeudet seine Zeit allerdings in wirklich beklagenswerter Weise.

Ich habe allerdings so meine Probleme damit, dass er es so darstellt, als gäbe es für unser Handeln und unsere Entscheidungen Preisetiketten und wir könnten somit eine freie und kal-kulierbare Entscheidung treffen. Die Überraschung gibt es leider erst an der Kasse.
Ich sehe das eher wie ein Pokerspiel. Man kennt seine Karten und kann aus dem Bietverhalten seiner Mitspieler Rückschlüsse ziehen. Dann muss man Entscheidungen treffen, die sich nach Flop, Turn und River eventuell als richtig herausstellen. Es kann aber ebenso sein, dass es durch die unbekannten Karten der Mitspieler zum Desaster wird. Man sieht bei Poker-turnieren zwar immer wieder die gleichen Leute, die das Spiel offenbar besonders gut beherrschen und somit öfter als andere die richtigen Entscheidungen treffen, doch auch die verlieren eben mal eine Hand oder gar ein Turnier.
Das Leben ist nun einmal keine Rechenaufgabe, bei der ein paar Rechenwege zur richtigen Lösung führen, sondern eher ein „Buch ohne Ketten“, wo keiner sagen kann, was am Ende dabei rauskommt, da viele ihre Finger im Spiel haben. Eben eine echte Wundertüte.

Nun muss ich noch ein wenig auf den lt. Annika drohenden Weltuntergang eingehen, der ja am 21.12.2012 alle bisherigen Lebensplanungen über den Haufen werfen soll – sofern diese Ankündigung nicht das gleiche Schicksal ereilt, wie die vielen diesbezüglichen Prophe-zeihungen der letzten Jahrtausende.
Wenn wir es mit dem guten Martin Luther halten wollten, so hätten wir ein kleines Problem, da die Anpflanzung eines Apfelbäumchens am 20. Dezember wohl eher symbolischen Charakter haben könnte. Früchte gäbe es da wahrscheinlich in keinem Fall zu ernten. Da er selbst 3x den nahenden Weltuntergang falsch vorhergesagt hat, hatte er danach wenigstens ausreichend Äpfel.
Papst Sylvester II hat seinerzeit mit der Ankündigung des Weltuntergangs am 31.12.999 für ziemlich Wirbel und plündernde Räuberhorden gesorgt. Zum Glück für die Menschen und zu seiner Entlastung haben seine Gebete angeblich das Ende der Welt verhindert. Wir könnten es also damit versuchen, oder „unseren“ Papst vorschicken.
Kaiser Otto III hatte sich kaum vom Schock dieser päpstlichen Vorhersage erholt, da musste er sich von den Priestern anhören, dass sich lt. dem Johannesevangelium das jüngste Gericht also nur ein Jahr später einstellen würde. Er kroch deswegen aus Furcht auf dem Boden herum und gelobte, Mönch zu werden, falls sich dieses Ereignis aufhalten ließe. Da er offen-bar Erfolg damit hatte, wäre das auch eine Alternative.
William Miller sagte für den 21.03.1844 das Ende der Welt voraus. Eine Million Menschen glaubten ihm und verschenkten Hab und Gut, was sie am 22. März 1844 wohl schwer bereut haben dürften.
Also bitte Vorsicht vor unüberlegten Handlungen, außer ihr schenkt mir alles!
Bevor man also im Angesicht der angeblich drohenden Zerstörung der Welt etwas Dummes tut oder plant, sollte man sich daher immer vor Augen halten, dass es eben auch anders kommen könnte – und man dann die bösen Konsequenzen zu tragen hätte.
Ich persönlich würde den vorhergesagten Zeitpunkt für recht unglücklich erachten, da wir genau zu diesem Zeitpunkt unser Häuschen endlich abbezahlt hätten. Von den jahrelangen Zahlungen in die Rentenkasse mal ganz abgesehen.
Den bereits tätigen „Fremdwartern“ würde ich abschließend raten, mit der Beichte bis zum Jahr 2013 zu warten. Wenn ihr den 22.12.2012 erlebt, so war die ganze Sache mit dem Welt-untergang also wieder nur Blödsinn, sodass das Leben nun doch weiter geht – wozu also dann beichten? Für den Fall, dass sich die Mayas nur um ein paar Tage verrechnet haben, würde ich auch dafür plädieren, dem Partner das Weihnachtsfest nicht zu versauen und daher auch diese Tage ohne Beichte verstreichen zu lassen. (Hoffentlich habt ihr es wegen des Welt-untergangs nicht versäumt, Weihnachtsgeschenke zu kaufen!) Wer dann unbedingt sein Gewissen erleichtern will, der könnte dann die Gunst der Stunde zu Silvester nutzen. Erstens kann man sich bei der Feier ohne aufzufallen etwas Mut antrinken und zweitens ist der Jahres-wechsel ja aus Tradition der Termin für gute Vorsätze. Wenn ihr Glück habt, ist der Partner auch so besoffen oder ob des nicht eingetretenen Weltuntergangs so im Freudentaumel, dass er eure Beichte auch nicht mal richtig mitbekommt.

Henning D. – bitte nicht mit dem Gesellschaftsveränderer von Seite 1 verwechseln!