Sonntag, 6. September 2009

Teil 5

Zu meiner Person: weiblich, Single, Anfang 60, weit gereist, 35 Jahre durchgehend gearbeitet – danach einige Jahre ohne Vollzeitjob, jedoch immer nebenberuflich (angemeldet) tätig im Bereich Sekretariat – Sprachen – ehrenamtliche Tätigkeiten. Seit etwa 5 ½ Jahren selbständig auf „Kleinunternehmerbasis gemäß § 19 UStG“ (später wichtig zum Verständnis meiner Story…) – Unser kleiner König Henning kennt mich – und ich kenne ihn – naja, schon recht lange, so um ein halbes Jahrhundert herum, und er fragte mich, ob auch ich hier mitmachen wollte….

Vor einigen Wochen erhielt ich vom Finanzamt einen Brief, bei mir wäre in den kommenden Wochen eine Steuerprüfung angesetzt – genauer Termin würde folgen..

Tja – seit Anfang August braute sich über mir einiges zusammen – die genauen Ausmaße kannte ich zur Zeit noch nicht. – Mein Steuerberater rief mich an und teilte mir mit, er wüsste nun, warum mir in den nächsten Wochen eine „Außen-Betriebsprüfung“ durch das Finanzamt bevorstünde … mit Prüfung auf „Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer“! Die Jahre 2005 bis 2007 wären zu prüfen – trotz meines Hinweises, dass doch eben dieser – mein Steuerberater – für die Jahre meine Einkommensteuer-Erklärungen vorbereitet, eingereicht und mir dann als hübsch gebundene Unterlagen jeweils zugesandt hatte…. Auch die Tatsache, dass ich in allen Jahren meiner Selbständigkeit nie einen Cent der o.a. Steuern zu zahlen hatte.

Mein Gedanke war nun – warum also dies? Nur um Geprüftes nochmals zu prüfen, ohne Sinn und Grund? Oh doch, meinte mein Steuerberater – ich hätte aufgrund einer Kontrolllmitteilung eines anderen Finanzamtes am Staat vorbei Rechnungen erstellt und das sogar mit Mehrwert-steuer! – Meine Gedanken rotierten – stimmte, denn vor 3,4 Jahren hatte ich für einen langjährigen Bekannten – einem älteren Herrn aus der Immobilienbranche einige Rechnungen für ein Bauunternehmen – in seinem Auftrag bzw. für seine Provision – geschrieben. Und hier – war es mein 1. Fehler, dass ich mich darauf eingelassen hatte: aufgrund § 19 – siehe oben – durfte und darf ich keine Rechnungen mit Mehrwertsteuer ausstellen.

Seinerzeit hatte ich ein Extrakonto – mit Vollmacht für meinen Bekannten und mich – eingerichtet, um meine „Kleinunternehmer-Aktiväten“ klar von diesem neuen Versuch, weiteren Umsatz zu erzielen, klar abzugrenzen. Und da es sich etwa einem Jahr herausstellte, dass bis auf zwei Rechnungen keine Beträge/Provisionen auf diesem Konto eingingen, ließ ich es im Oktober 2007 löschen. Und den 2. Fehler, den ich beging, war, dass ich diese zwei Rechnungen nicht über die Steuerberatung laufen ließ. Dieser Vorwurf trifft mich auch mit vollem Recht – und dafür trage ich die Verantwortung.

Was mich am stärksten trifft, ist folgendes: Mein Steuerberater sagte sinngemäß: „Die Kontrollmitteilung des Finanzamtes weist einen Betrag von Euro 4.800,00 auf, den Sie mit Ihrem Briefkopf (stimmt, für meinen Bekannten und mit dem Hinweis, dass ich „…. empfangsberechtigt und bevollmächtigt bin, den Rechnungs- und Zahlungsverkehr für das o. a. Objekt abzuwickeln“) weitergeleitet haben“. Und es stünde eine weitere Rechnung – von mir geschrieben – über ca. Euro 3.600,00 im Raum.

Au Backe, da hatte ich mir wirklich zwei heiße Eier ins Nest gelegt – das macht bei damals 16% MwSt. mehr als 1.100 Euros aus – und die würde das Finanzamt jetzt von mir fordern! W i e b i t t e ? ? ?

Ja, klärte mich mein Steuerberater auf: das Bauunternehmen bzw. sein Geschäftsführer hätte sich diese Vorsteuer „gut gemacht“ – d. h. v o r Überweisung auf unser Konto von seinem Finanzamt erhalten – auf gut Deutsch: fällige Rechnung(en) nicht bezahlt, aber die Vorsteuer kassieren!! Und der gute Mann hat kurz danach seine Firma in den Konkurs laufen lassen, und sich mit diesen – und anderen? – Beträgen schnellstens in Richtung Spanien abgesetzt. Gerüchte sagen, er verbringe seine Zeit jetzt „in Vollpension mit gesiebter Luft“… Ich sei jetzt wohl diejenige, von der man als Rechnungsstellerin den Betrag/ die Beträge zurückhaben wolle.

Mein Einwand, dass auf dem oben erwähnten Extrakonto – nachweislich – nie ein Betrag über eine der genannten Summen eingegangen, geschweige gutgeschrieben wurde, sei trotzdem null und nichtig.

Und h i e r beginne ich nun, an unserem Rechtsstaat zu zweifeln: Wie kann es sein, dass ich für Beträge, über die weder ich teilweise (z.B. nur die Mehrwehrsteuer) noch vollständig verfügen konnte, resp. mein Bekannter, dem diese Provisionen zustanden, jetzt voll haftbar gemacht werden soll?
Wenn sich in den kommenden Wochen bei Prüfung herausstellt, dass es so kommt, wie ich es oben voraussehe, dann falle ich voll unter Hartz 4.
Schlafe ich bald unter der Brücke? Oder auf dem Bahnhof? Oder wo ?

Stand: 29.08.2009
Nachtrag hierzu: Vor zwei Wochen fand die Betriebs-Außenprüfung (so der offizielle Titel hierfür) bei mir statt. Der BP entpuppte sich als freundlicher und menschlicher Betriebsprüfer. Er erläuterte mir das Procedere…. Schilderung meines Lebens (!) mit Aufzählung sämtlicher Berufstätigkeiten unter Einschluss von Einzelheiten meiner damaligen „Befindlichkeiten“ – in diesem Fall: angestellte bzw. selbständige Tätigkeit -. So ackerten wir uns etwa zwei Stunden durch mein Berufsleben durch – fast 40 Jahre!

Zum Glück hatte ich von Beginn an alle bei mir im PC befindlichen Rechnungen und relevanten Schriftstücke ausgedruckt und ihm zur Verfügung gestellt. Und siehe da – auch mein BP hatte einen Ordner mit meinen Rechnungen – auch die zwei in Frage stehenden mit Mehrwertsteuer – zur Hand. Und ausgerechnet bei diesen Rechnungen über Euro 4.800,00 und 3.600,00 stand ein Wort „streitbefangen“… Ich fragte ihn nach dem rechtlich gültigen Sinn dieses Ausdrucks:
„ Streitbefangen” ist identisch mit demselben Begriff in § 265 Abs. 1 ZPO…. „ aus: http://ruessmann.jura.uni-sb.de/zpo2004/Vorlesung/rechtskraft.htm Unter Google finden sich zahlreiche weitere Beispiele dafür.

Auf mich bezogen, bedeutet dies – so klärte mich mein Betriebsprüfer auf -, dass diese in Frage stehenden Rechnungen a) nicht bezahlt wurden (wie ich ihm die ganze Zeit auch schon vorher in Telefonat ihm bzw. meinem Steuerprüfer gegenüber versichert hatte), sogar mehr noch von den beiden in den Rechnungen genannten Bauherren vehement bestritten wurden.

So weit – das leuchtete auch meinem Betriebsprüfer ein – stand fest, dass weder mein Bekannter noch ich diese Beträge eingesackt hatten bzw. schwarz erhalten hatten.

Nach insgesamt dreistündigem Gespräch – von denen die letzten 60 Minuten reine Privatunterhaltung über Wanderstöcke, Radfahren und Touren in die Alpen waren… – entschwand dann mein Mensch vom Finanzamt ins Wochenende…. nachdem ich ihm noch geholfen hatte, meine Steuerunterlagen – geschäftliche wie private – nach draußen zu seinem Pkw zu karren….

Fazit für mich ist jetzt: Warten auf den Entscheid des Finanzamtes. Größere Katastrophen werde ich wohl nicht zu erwarten haben, Verwarnung oder ähnlich. Ich werde ganz sicher keine einzige Rechnung mehr mit Mehrwertsteuer ausschreiben, egal, für wen!

Naja, vielleicht folgen weitere Episoden aus meinem 62-jährigen Leben, evtl. mal was zum Thema Reisen. Da habe ich so einiges erlebt – Stichworte: Pushpa Kumar Waduge aus Sri Lanka, seines Zeichen Anfang der 90er Jahre „Leisereiter“, ähhmm: Reiseleiter, meine ich oder auch Szenen aus meinem zahlreichen Ägypten-Urlauben usw. usw.